at the same moment
Von Prora auf Rügen nach Manhattan/New York – einen größeren Radius in der Bewegung des Blicks kann es nicht geben. Alles, was das Auge im künstlerischen Werdegang der Fotografin akkumuliert hat, bricht hier in komplexen, seriellen Folgen aus den tieferen Schichten der Person hervor – eine Elegie, ein Requiem, eine Zusammenfassung der Zeit bis zu diesem einen, großen Moment. Und wieder sind es die Zwischenräume, die Interferenzen und Unschärferelationen, in denen sich das scheinbar gesicherte Wissen verliert. Doch ist es nicht die Beschwörung der Dinge, die sinnliche Feier, das Fest, das hier entdeckt und nachgebildet wird: es ist die Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen, die Faszination und Verstörung gleichermaßen bedeutet. Aus der historisch aufgerissenen Leere in den 90er Jahren sind vollgestellte Räume geworden, die auf nichts mehr verweisen. Alles ist mit allem in Korrespondenz, die Vergangenheit mit der Gegenwart und der Westen mit dem Osten und das Leben mit dem Tod. Und auf einem Bild schiebt sich eine dunkle, leere Fläche über die Stadt, ein in die Tiefe führender Kubus oder ein Trichter, wie eine Antwort, auf die keiner vorbereitet war – wir sehen es nicht, wir wissen es nicht. Kurt Drawert, 2011